Mit Kleinkind im Nachtzug Wien-Hamburg und Berlin-Wien

Von Wien aus sollte es nach Hamburg gehen, zurück über Berlin, mit Sack und Pack und Kleinkind - jeweils im Nachtzug! Lest hier unseren Erfahrungsbericht.

Warum überhaupt Nachtzug?

Unser Urlaubsziel lautete Usedom - nur wie kommt man von Wien aus gut dorthin? Halbwegs praktikabel, entspannt und kostengünstig? Das Auto haben wir bald ausgeschlossen. Zu lang die Anreise, zu viele Zwischenstopps, zu anstrengend für alle Beteiligten. Fliegen konnten wir uns auch nicht so recht vorstellen, mit dem ganzen Gepäck und vor Ort hätten wir erst recht wieder ein Auto mieten müssen oder das Zugangebot nutzen. Warum also nicht gleich überhaupt mit dem Zug anreisen? Die ÖBB bietet mit dem Nightjet eine bequeme Verbindung von Wien nach Hamburg an, direkt und ohne Umsteigen. Kein Fahrtstress - check. Kinderwagen und das ganze Gepäck mitnehmen - check. Während der Fahrt schlafen und keine Anreisetage verlieren - check. Wir wollten buchen und freuten uns auf das Abenteuer Nachtzug.

Wie bucht man ein Familienabteil im ÖBB Nightjet?

Beim Nightjet empfiehlt sich grundsätzlich, so früh wie möglich zu buchen. Die Schlaf- und Liegeplätze sind stark begrenzt (pro Zug gibt es 2 Schlafwagen mit je nur 12 Abteilen) und abgesehen davon, dass die Züge sehr gut ausgelastet sind, spart man auch, je früher man bucht. Für uns kam nur ein Familienabteil in Frage. Andernfalls werden Erwachsene nach Männern und Frauen in separaten Abteilen untergebracht. Kinder unter 6 Jahren bekommen grundsätzlich kein eigenes Bett! Das ist ganz wichtig zu beachten. Für uns kein Problem, da sowieso ein Erwachsener als “Rausfallschutz” beim Bett notwendig sein würde.

Für die Buchung müsst ihr dann ein Abteil mit genau so vielen Plätzen, wie Erwachsene reisen wollen, auswählen. In unserem Fall haben wir also ein 2-er Schlafabteil gebucht und das Kleinkind zwar bei den Personen angegeben, es zählt aber wie gesagt nicht (und zahlt auch nichts!). Bei der Auswahl des Abteils könnt ihr außerdem angeben, ob ihr ein eigenes WC/Dusche im Abteil haben wollt. Das kostet natürlich entsprechend mehr, wir haben diese Option auf einer unserer Strecken ausprobiert. Standardmäßig sind die Schlafabteile immer mit einem kleinen Waschbecken mit Spiegel ausgestattet, das genügt zum Hände waschen, Zähne putzen, Haare kämmen, schminken, etc.

Die Fahrt im Nachtzug + Tips & Tricks

Wir hatten also ein Schlafabteil mit zwei Betten gebucht. Was ich erst im Laufe der Buchung erfahren habe: Mit einem Schlafwagen Ticket hat man automatisch gratis Zugang zu den ÖBB Lounges! Das haben wir als großen Vorteil empfunden. Seit wir zu dritt reisen, planen wir unsere Wege sehr großzügig, was das Timing betrifft und wir wollten natürlich auf keinen Fall unseren Zug verpassen. So trudelten wir mit viel Zeitpuffer am Wiener Hauptbahnhof ein, checkten die Abfahrtstafel und konnten uns dann entspannt in die Lounge zurückziehen. Mit Kleinkind top: der Blick aus dem Obergeschoß auf das Gewusel des Bahnhofs, es gibt Toiletten sowieso kleine Snacks und alkoholfreie Getränke (sowie Alkoholisches für die Erwachsenen um auf das Abenteuer Nachzug anzustoßen). Das Abendessen konnten wir kurzerhand in die Lounge verlegen und mussten uns nicht stressen.

Die nächste positive Überraschung erwartete uns beim “Boarding”. Jeder Schlafwagen wird von einem eigenen Zugbegleiter betreut, der seine Fahrgäste an der Tür empfängt. Außerdem hilft er bei Bedarf, das Gepäck ins Abteil zu bringen. Unser zuvorkommender Zugbegleiter fragte uns auch gleich, wann die Betten ausgeklappt werden sollten. Denn zu Beginn der Reise besteht das Abteil aus einem Tisch und 2 Sitzbänken, wie in einem normalen Zugabteil.

Kleinkind, relativ spät am Abend - wir wünschten uns den Umbau so bald wie möglich, was dann auch prompt nach Abfahrt des Zuges geschah. Die Tischplatte wird außerhalb des Abteils verstaut und die Betten werden umgeklappt. Sie sind übrigens komplett bezogen mit Polster, Decke und Laken. Jeder Schlafplatz hat eine eigene kleine Leselampe (was für ein Spaß, so ein Lichtschalter direkt im Bett) und ein kleines Netz an der Wand, in dem man Brillenetui, Handy, Buch, etc. verstauen kann.

Das Gepäck war gut verstaut: Der Buggy stand zusammengeklappt in der Ecke und unsere zwei großen Rucksäcke fand auf den oberen Ablageflächen Platz, was ein wenig Kletterarbeit erforderte. Außerdem hatten wir noch einen Wickelrucksack und eine kleine Tasche dabei, die gut am Boden Platz fanden. Wir konnten noch einen kurzen Blick in unsere Goodie Bags werfen (Schlapfen, Sekt, Wasser, kleines Handtuch, Knabbersnack), und dann starteten wir mit der Abendroutine am kleinen Einbau-Waschbecken, das mit einer kleinen Tür verschlossen werden kann bei Nicht-Gebrauch.

So eine Nacht im Schlafwagen verläuft überraschend ruhig. Die Zugdurchsagen werden pausiert, diverse Lichter lassen sich gut dimmen bzw. ganz abschalten und die Abteiltür wird von innen verschlossen. Zugegeben, Erwachsener plus Kleinkind ist nicht wahnsinnig bequem in einem schmalen Bett, aber das ist es zuhause auch nicht ;) Die Betten sind übrigens übereinander angeordnet, nicht nebeneinander (noch, denn die neue Generation der Nightjets ab 2023 sieht wahrscheinlich anders aus). Für kleine Kinder benötigt ihr irgendeinen Rausfallschutz, auch beim unteren Bett. So etwas wird seitens ÖBB leider nicht zur Verfügung gestellt. Es gibt lediglich eine sehr schmale Leiter (um aufs obere Bett zu steigen), die uns nicht ausreichend erschien als Rausfallschutz. Rausfallnetze gibt es nur bei den oberen Betten, diese decken aber nicht die gesamte Längsseite des Bettes ab. Wir haben uns daher für diese Reise für den Erwachsenen als Rausfallschutz entschieden und zwar im unteren Bett ;)

Der Kleine hat überraschend gut und lang geschlafen - ein weiterer großer Pluspunkt der Reise! Ganz abgesehen davon, dass morgens im Zug aufwachen natürlich ein echtes Highlight ist, nicht nur für Kinder! Da wir relativ spät augestanden sind, machten wir uns eilig fertig, bevor der Zugbegleiter an die Tür klopfte, um unser Nachtlager in ein Frühstücksbistro umzubauen. Wir nahmen am wieder aufgebauten Tisch auf unseren Sitzen Platz und bekamen das im Ticketpreis inbegriffene Frühstück serviert, das wir am Vorabend im Zug ausgewählt hatten. Es gibt u.a. Kaffee, Schwarztee und Orangensaft, Semmel, Butter, Käse, Aufstrich, Marmelade, Honig usw. Nix Aufrengendes, aber dennoch ein schöner Abschluss unserer ersten aufregenden Fahrt im Nachtzug.

Fazit

Wir würden es wieder machen! Für eine solche Distanz (Hamburg ist knapp 1.000km entfernt und Berlin ca. 700km) ist der ÖBB Nightjet einfach unschlagbar. Die Fahrt war komfortabler als erwartet und mit Kind ein Erlebnis für sich. Der Aufpreis für WC und Dusche hat sich für uns diesmal nicht wirklich gelohnt. Es war natürlich auch recht klein in diesem Badezimmer: Das Waschbecken musste man über das WC schwenken und dann hatte man eine mini Duschkabine. Wenn wir mit Kind drin waren, musste die Tür aus Platzmangel offen bleiben.

Was wirklich genial ist, ist der gratis Zutritt in die ÖBB Lounge. Man könnte die Fahrt noch pimpen, wenn man ein tolles Abendessen mitnimmt und dann in seinem Abteil isst, dazu der kleine Sekt aus dem Goodie Bag ;) Das Frühstück könnte man auch aufpeppen, wenn man sich vor der Abfahrt ein paar extra Sachen einpacken möchte oder auf ein besonderes Frühstück Wert legt. Alles in allem war es ein super Erlebnis, das wir nicht missen möchten.

Bei der Buchung der Betten müsst ihr jedenfalls aufpassen, dass ihr wirklich ein privates Abteil bucht und bedenkt, dass Kinder bis 6 Jahre kein eigenes Bett bekommen (dazu müsstet ihr über den Kundenservice buchen). Da wir in Hamburg Hbf. umsteigen mussten und hierfür ausreichend Zeit hatten, konnten wir sogar einen kleinen Spaziergang an der nur 700m entfernten Alster einlegen und mit einem coffee to go in der Hand erstmal Nordluft schnuppern.

Wir fahren ganz sicher wieder mal mit dem Nachtzug, vielleicht nach Paris, denn da gibt es auch eine direkte Verbindung ab Wien :)

Zum Weiterlesen:

Diese Zugreise haben wir zur Gänze selbst finanziert. Es handelt sich hierbei um unbezahlte Werbung.